LabVIEW-Temperatur-Regelung und Rührer-Drehzahlmessung an einem verfahrenstechnischen Modell in der dualen Ausbildung

Prof. Dr.-Ing. Lutz Gläser, Staatliche Studienakademie Riesa

"Durch die Programmiersprache LabVIEW besteht für Lehrpersonal und Studenten die Möglichkeit, im Rahmen von Praktika und Studienarbeiten eigene Programme zu erstellen und diese am verfahrenstechnischen Modell selbstständig zu testen."

- Prof. Dr.-Ing. Lutz Gläser, Staatliche Studienakademie Riesa

Die Aufgabe:

An der Staatlichen Studienakademie in Riesa erfolgt als Studienarbeit an einem verfahrenstechnischen Modell die Temperaturregelung des beheizbaren Reaktors mit Rührerdrehzahlmessung.

Die Lösung:

Mittels einer LabVIEW-programmierten State Machine wird der Temperaturverlauf der Reaktorflüssigkeit durch das Modul NI USB-6501 geregelt. Gleichzeitig wird die Rührerdrehzahl durch Reflexlichttastersignale über den Countereingang des Moduls messtechnisch erfasst. Die Messung der Ist-Temperatur erfolgt mit einem Multimeter, dessen Daten in die LabVIEW State Machine einfließen. Diese regelt den Ist-Temperaturverlauf durch getaktete Ansteuerung des Heizers entsprechend der eingestellten Soll-Temperatur. Nach Vorgabe der Soll-Temperatur wird diese regelungstechnisch realisiert und durch die LabVIEW-programmierte State Machine stabilisiert eingehalten.

Autor(en):

Prof. Dr.-Ing. Lutz Gläser - Staatliche Studienakademie Riesa
Dr.-Ing. Hans Schneider - IPI Ingenieurbüro für Prozessinformatik
Dipl.-Ing. (BA) Ines Wehner - Staatliche Studienakademie Riesa
Tom Kühne - Staatliche Studienakademie Riesa

 

Das verfahrenstechnische Modell

 

Das verfahrenstechnische Modell (VTM) der Firma Leybold Didactic (Bild 1) besteht aus Glasgefäßen, die über Schläuche miteinander verbunden sind. Es handelt sich dabei um zwei Behälter, B1 und B2, und einen Reaktor R. Zur weiteren Ausrüstung zählen Magnetventile und Füllstandssensoren. Das VTM verfügt über eine Pumpe und der Reaktor ist mit Heizstab und Rührer ausgestattet. Zusätzlich ist der Betrieb eines Kühlers als Abluftkühler möglich.

 

Die am VTM vorhandenen Füllstandssensoren 1 bis 8 liefern beim Erreichen eines bestimmten Füllstands digitale Signale, welche programmtechnisch als „Level max“, „Level middle“ und „Level min“ interpretiert werden.

 

Die Temperatur T/°C im Reaktor wird als analoge Messgröße über ein Multimeter der Firma Ahlborn mit USB-Schnittstelle treiberseitig in das Programm eingebunden.

 

Programmgestaltung

Für die Prozessbeherrschung und zur Anlagen-Visualisierung wird das VTM über das Frontpanel (Bild 2) des Temp.-Control.vi mess- und regelungstechnisch bedient. Gleichzeitig wird während des Prozesses der Temperaturverlauf von Soll- und Ist-Temperatur in °C auf dem Monitor des Signalverlaufsdiagramms dargestellt. Zum manuellen Prozesshandling sind Tasten platziert, die das einzelne Schalten der Ventile, des Heizers, der Pumpe und des Rührers gestatten. Beim Betrieb der Temperaturregelungs-State-Machine wird diese nach Umlegen des Kippschalters „Heizungsregelung“ mit Taste „On“ gestartet, durchläuft die Zustände:

  • Soll-Temperatur anfahren,
  • Soll-Temperatur halten

und ist mit Betätigung der Taste „Off“ zu beenden.

 

Im Zustand „Soll-Temperatur halten“ wird die Heizung frequenzseitig getaktet und mit wählbarem Tastverhältnis betrieben.

 

Die Rührerdrehzahlmessung erfolgt durch Impulse eines Reflexlichttasters, der Signale eines segmentierten Messkopfs generiert, welche dem Counter des Moduls NI USB-6501 zugeführt werden. Nach entsprechender Messzeit wird der Zählerstand aktualisiert als Rührerdrehzahl angezeigt.

 


Prozessergebnisse

In Bild 3 ist die optimierte frequenzbasierte Heizsteuerung der vorherigen klassischen Zweipunkt-Heizsteuerung gegenübergestellt. Bei der klassischen Heizsteuerung wird der Heizer beim Unterschreiten der Soll-Temperatur so lange aktiviert, bis die Soll-Temperatur wieder erreicht ist. Die optimierte Heizsteuerung hingegen heizt entsprechend der eingestellten Frequenz und des Tastverhältnisses kürzer. Dadurch ergibt sich ein deutlich geringeres Überschwingverhalten gegenüber der klassischen Heizsteuerung.

 

Die Anwendung einer solchen verfahrenstechnischen Anlage, insbesondere der Heizsteuerung, könnte z. B. bei sehr empfindlichen biologischen Untersuchungen zum Einsatz kommen, bei denen eine Temperaturkonstanz im Hundertstel-Gradbereich notwendig ist. Bei der Optimierung von T-Soll müssen allerdings immer die spezifischen Umgebungseinflüsse einbezogen und angepasst werden, was durch die Frequenzsteuerung effizient erreicht wird.

 

Zusammenfassung

In Lehre und Forschung, insbesondere bei der Ausbildung von Ingenieuren sowie den entsprechenden Lehrbeauftragten, kommt es darauf an, das Wissen zu Prozessen, Anlagen, Mess- und Regelungstechnik inkl. Visualisierung und Dokumentation schnell und didaktisch aufbereitet zu vermitteln.

 

Dazu dient das LabVIEW-programmierte VTM, mit dem die Studenten und das Laborpersonal praktisches Wissen auf ingenieurtechnischem Gebiet erwerben, so z. B.:

  • Sichere Überwachung und Regelung inkl. hohem Visualisierungsgrad
  • Langzeitmessung und Datenspeicherung zur Prozessdokumentation
  • Prozessautomatisierung und Regelung im State-Machine-Betrieb

 

Neben der kompletten Automatisierung des Heizprozesses in Form einer State Machine wird das Überschwingverhalten der Temperatur durch eine lineare Anfahrtskurve sowie eine frequenzgesteuerte Taktung der Heizsignale deutlich verbessert. Des Weiteren ist die Rührer-Drehzahlmessung in das System eingebracht und eine automatische Datenspeicherung von Temperatur, Zeit und Drehzahl etabliert.

 

Durch die Programmiersprache LabVIEW besteht für Lehrpersonal und Studenten die Möglichkeit, im Rahmen von Praktika und Studienarbeiten eigene Programme zu erstellen und diese am verfahrenstechnischen Modell selbstständig zu testen.

 

Informationen zum Autor:

Prof. Dr.-Ing. Lutz Gläser
Staatliche Studienakademie Riesa
Am Kutzschenstein 6
Riesa 01591
Germany
Tel: +49 (0)3525 707570
glaeser@ba-riesa.de

Bild 2: Frontpanel des Temp.-Control.vi
Bild 3: Vergleiche des Überschwingverhaltens der Heizsteuerungen
Bild 1: Leybold-Didactic-VTM