LabVIEW-basierte Echtzeitsignalverarbeitung für Low-Power-Radarsensorik

"Hochfrequenz-Radarsensoren haben sich in letzter Zeit als eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Anwesenheitssensoren, wie Passiv-Infrarot oder Ultraschall, bewährt."

- M. Sc. Fabian Lurz, Lehrstuhl für Technische Elektronik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

The Challenge:

Dieses Dokument beschreibt die LabVIEW-basierte Signalverarbeitung für ein 24-GHz-Low-Power-Radarsystem. Für eine effiziente Evaluierung der Detektionsalgorithmen müssen diese unter weichen Echtzeitbedingungen ausgeführt werden, um ein verzögerungsfreies und flüssiges Feedback der grafischen Oberfläche zu erhalten.

The Solution:

Durch die phasenbasierte Messung wird eine hohe Sensitivität des Systems erreicht, sodass auch statische Personen anhand ihrer Vitalparameter detektiert werden können.

Author(s):

M. Sc. Fabian Lurz - Lehrstuhl für Technische Elektronik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
Dipl.-Ing. Sebastian Mann - Lehrstuhl für Technische Elektronik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
M. Sc. Sarah Linz - Lehrstuhl für Technische Elektronik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
Dipl.-Ing. Stefan Lindner - Lehrstuhl für Technische Elektronik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. habil. Robert Weigel - Lehrstuhl für Technische Elektronik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
PD Dr.-Ing. habil. Alexander Koelpin - Lehrstuhl für Technische Elektronik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

Diese Kundenlösung wurde im Tagungsband 2015 des Technologie- und Anwenderkongresses „Virtuelle Instrumente in der Praxis“ veröffentlicht.

Eingesetzte Produkte: LabVIEW

 

Die Abbildungen der Kundenlösung finden Sie in der Galerie und im Fließtext. In der Galerie können Sie die Bilder in größerer Auflösung ansehen.

 

 

Kurzfassung

Hochfrequenz-Radarsensoren haben sich in letzter Zeit als eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Anwesenheitssensoren, wie Passiv-Infrarot oder Ultraschall, bewährt. Aufgrund ihrer hohen Ortsauflösung können Radarsysteme eine drahtlose Detektion von Vitalparametern, wie Herzschlag oder Atmung, durchführen und so auch sich nicht bewegende Personen detektieren. Dieses Dokument beschreibt die LabVIEW-basierte Signalverarbeitung für ein 24-GHz-Low-Power-Radar-system. Für eine effiziente Evaluierung der Detektionsalgorithmen müssen diese unter weichen Echtzeitbedingungen ausgeführt werden, um ein verzögerungsfreies und flüssiges Feedback der grafischen Oberfläche zu erhalten.

 

Einleitung

Anwesenheitssensoren dringen immer weiter in verschiedene Bereiche unseres Lebens vor. Neben dem klassischen Einsatz für Sicherheitszwecke entstehen mehr und mehr neue Anwendungen, z. B. für intelligente Beleuchtungskonzepte oder zur bedarfsgerechten Steuerung von Heizung, Lüftung und Klimatechnik. Hier lässt sich durch anwesenheitsbasierte Systeme viel Energie und entsprechend auch Geld sparen, indem diese deaktiviert bzw. in der Leistung reduziert werden, wenn gerade kein Mensch präsent ist. Herkömmliche Lösungen, basierend auf passivem Infrarot oder Ultraschall, scheitern jedoch oft daran, statische Personen zu detektieren. Damit sind diese eher ein Bewegungsmelder als ein echter Anwesenheitssensor. Mit Hochfrequenz-Radarsensorik lassen sich bereits geringste Bewegungen eines Menschen, die während der Atmung oder durch den Herzschlag entstehen, detektieren. Demzufolge können auch sich nicht aktiv bewegende Personen erkannt werden.

 

 

Hardware des Radarsensors

Der hier vorgestellte Systemdemonstrator ist ein einkanaliges monostatisches 24-GHz-Doppler-Radar mit einem minimalistischen Hardwarekonzept. Er besteht aus einem freilaufenden spannungsgesteuerten Oszillator, der das Hochfrequenzsignal erzeugt. Dieses wird im Frontend in zwei Teile aufgeteilt. Der erste Teil wird über die Antenne abgestrahlt, am Ziel reflektiert und wieder empfangen. Der zweite Teil dient als Referenzsignal und wird mit dem durch einen rauscharmen Verstärker verstärkten Empfangssignal überlagert. Dieses Interferenzsignal wird schließlich an einem Leistungsdetektor direkt ins Basisband umgesetzt. Dadurch wird die relative Phasendifferenz zwischen den Hochfrequenzsignalen in einer Gleichspannung codiert, die, nach einer weiteren Verstärkung und Filterung, vom Analog-Digital-Umsetzer des Mikrocontrollers digitalisiert wird. Die Rohdaten werden anschließend per USB an einen Laptop versendet, der dann die Signalverarbeitung in LabVIEW umsetzt.

 

Durch zyklisches Messen, mit einer Dauer von lediglich 60 µs pro Einzelmessung, lässt sich die Leistungsaufnahme von 137,5 mW im kontinuierlichen Modus auf wenige 100 Mikrowatt im periodischen Modus reduzieren. Ein Foto des Low-Power-Radarsystems ist in Bild 1 dargestellt.

 

 

LabVIEW-Ablaufsteuerung

Für eine effiziente Evaluierung des Radarsensors sowie der Detektionsalgorithmen ist ein flüssiges Feedback der grafischen Benutzeroberfläche mit minimaler Verzögerung entscheidend. Entsprechend muss der komplette Ablauf von der Signalerfassung bis zur Auswertung unter weichen Echtzeitbedingungen ausgeführt werden. Beim Entwurf der LabVIEW-Anwendung wurde auf minimales Delay und strikte Anwendung des Datenflussprinzips Wert gelegt, sodass möglichst viele Anweisungen parallel verarbeitet werden können. Ein Blockschaltbild der Signalverarbeitungskette ist in Bild 2 dargestellt.

 

 

Die von der VISA-Schnittstelle empfangenen Rohdaten des Radarsystems müssen zuerst synchronisiert und vorverarbeitet werden, um aus dem kontinuierlichen Datenstrom von Character-Werten wieder die korrekten Integer-Repräsentationen zu erhalten. Danach kann die relative Phasenverschiebung direkt in einem Waveform Chart dargestellt werden, dessen Zeitskala über Schieberegler der grafischen Benutzeroberfläche einstellbar ist. Für das Doppler-Spektrum sowie den Detektionsalgorithmus ist aber ein eigener Ringpuffer mit dynamisch einstellbarer Größe notwendig. Dieser wurde mithilfe einer Lossy Queue implementiert, die auf die maximal zu erwartende Größe dimensioniert wurde. In dieser werden beim Einfügen automatisch alte, nicht mehr benötigte Werte entfernt. Über die „Get Queue Status“-Funktion können schließlich alle Elemente gelesen und mittels „Array Subset“, entsprechend den Einstellungen in der grafischen Benutzeroberfläche, zeitlich gefenstert werden. Diese Daten werden dann für die Berechnung des Doppler-Spektrums (per „Spectral Measurements Express VI“) bzw. für den Detektionsalgorithmus verwendet.

 

Die grafische Benutzeroberfläche ist in Bild 3 dargestellt. Im unteren Bereich finden sich zwei Waveform Charts, die die relative Phase des zurückgestreuten Signals darstellen. Der erste Graph zeigt diese mit aktivierter Autoscale-Funktion an, der zweite im vollen Dynamikbereich des ADCs (10 bit). Rechts daneben ist das Spektrum des aktuellen Zeitsignals dargestellt. Die Ergebnisse des Detektionsalgorithmus lassen sich im „Activity Status“ erkennen. Dort zeigen vier LEDs an, ob eine Aktivität detektiert wurde und wenn ja, mit welcher Intensität (leicht/mittel/stark). Links daneben hat der Benutzer die Möglichkeit, die virtuelle serielle Schnittstelle zu konfigurieren, die Messrate des Radarsystems zwischen einer bis 254 Messungen pro Sekunde einzustellen und die Parameter für den Algorithmus (Fensterlänge und Detektionsschwelle) anzupassen.

 

 

Detektionsalgorithmus

Da für die Bewegungserkennung nur die relative Änderung innerhalb eines kurzen Zeitfensters von typischerweise wenigen Sekunden entscheidend ist, wurde ein einfacher Algorithmus auf Basis der Standardabweichung σ implementiert. Dieser verwendet ein Fenster der letzten N Abtastwerte und berechnet σ mit dem „STD Deviation and Variance VI“ gemäß:

 

Dies hat den Vorteil, dass der Mittelwert des Signals, und damit auch alle statischen Reflexionen, direkt aus der Berechnung herausfallen. Auch langsame Drifteffekte, die sich beispielsweise durch Temperaturänderungen am Frontend ergeben, haben keinen Einfluss auf das Ergebnis. Jegliche Art von Aktivität und Bewegung erhöht jedoch die Standardabweichung gegenüber dem Grundrauschen des Systems und kann dann über eine einfache Schwellwertdetektion erkannt bzw. ihrer Intensität nach klassifiziert und grafisch dargestellt werden.

 

Zusammenfassung

In diesem Dokument wurde ein 24-GHz-Low-Power-Radarsystem zur Anwesenheitsdetektion und Bewegungsmeldung vorgestellt und dessen LabVIEW-basierte Echtzeitsignalverarbeitung beschrieben. Durch die phasenbasierte Messung wird eine hohe Sensitivität des Systems erreicht, sodass auch statische Personen anhand ihrer Vitalparameter detektiert werden können. Über die in der grafischen Benutzeroberfläche einstellbaren Parameter, wie Messrate, Fensterlänge und Detektionsschwellen, lassen sich das Radarsystem und die Algorithmen einfach und im Detail evaluieren.

 

Author Information:

M. Sc. Fabian Lurz
Lehrstuhl für Technische Elektronik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
Cauerstraße 9
Erlangen 91058
Germany
Tel: +49 9131 8525023
fabian.lurz@fau.de

Bild 1: Foto des 24-GHz-Low-Power-Radarsystems
Bild 2: Vereinfachtes Blockschaltbild der Signalverarbeitung
Bild 3: Grafische Benutzeroberfläche in LabVIEW