Modul zur Unterdrückung von Störsignalen für globale Navigationssysteme mit NI SDRs

"Globale Navigationssatellitensysteme, wie GPS, Galileo, GLONASS und BeiDou, nehmen in vielzähligen Anwendungen eine bedeutende Rolle ein, sodass sie schon heute zu den kritischen Infrastrukturen gehören."

- M. Sc. (univ.), Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kraus, Universität der Bundeswehr München, Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung

The Challenge:

Ziel ist es, die Infrastruktur für GNSS-Anwendungen unverändert zu lassen, ihnen jedoch trotzdem die Möglichkeit auf erhöhte Robustheit gegenüber Störsignalen zu geben.

The Solution:

Um dies zu erreichen, schaltet man einen SDR-Transceiver zwischen Antenne und Empfänger. Zusätzlich sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Antenne eine hohe Linearität in Anwesenheit von Störsignalen aufweist. Manche GNSS-Antennen erfüllen diese Anforderungen bereits heute.

Author(s):

M. Sc. (univ.), Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kraus - Universität der Bundeswehr München, Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung
Dipl.-Ing. (FH) Stefan Sailer - Universität der Bundeswehr München, Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung
Prof. Dr.-Ing. habil. Bernd Eissfeller - Universität der Bundeswehr München, Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung

Diese Kundenlösung wurde im Tagungsband 2015 des Technologie- und Anwenderkongresses „Virtuelle Instrumente in der Praxis“ veröffentlicht.

Eingesetzte Produkte: USRP RIO, FlexRIO, VST, SDR

Die Abbildungen der Kundenlösung finden Sie in der Galerie und im Fließtext. In der Galerie können Sie die Bilder in größerer Auflösung ansehen.

 

 

Kurzfassung

Globale Navigationssatellitensysteme, wie GPS, Galileo, GLONASS und BeiDou, nehmen in vielzähligen Anwendungen eine bedeutende Rolle ein, sodass sie schon heute zu den kritischen Infrastrukturen gehören. Deren Signalleistung an Empfängern befindet sich unterhalb des thermischen Rauschens und ist somit gegenüber Störsignalen empfindlich. Heutige Empfänger sind kaum auf Situationen mit Störsignalen vorbereitet. Mit SDRs von National Instruments können GNSS-Empfänger schon heute mit höherer Robustheit ausgestattet werden, indem SDR-Transceiver, wie USRP RIO, FlexRIO oder VST, zwischen Antenne und Empfänger geschaltet werden. Die Signalverarbeitung erfolgt im FPGA, sodass Echtzeitfähigkeit erreicht wird.

 

Aufgabenstellung

Ziel ist es, die Infrastruktur für GNSS-Anwendungen unverändert zu lassen, ihnen jedoch trotzdem die Möglichkeit auf erhöhte Robustheit gegenüber Störsignalen zu geben. Um dies zu erreichen, schaltet man einen SDR-Transceiver zwischen Antenne und Empfänger. Zusätzlich sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Antenne (bei GNSS meist mit LNA und Filtern) eine hohe Linearität in Anwesenheit von Störsignalen aufweist. Manche GNSS-Antennen erfüllen diese Anforderungen bereits heute.

 

 

USRP RIO als GNSS-Störsignalunterdrückungsmodul

Für die Realisierung einer Störsignalunterdrückungseinheit (im engl. Interference Suppression Unit, kurz: ISU) wird ein Transceiver (XVCR) mit FPGA für die DSP-Programmierung verwendet. Hierfür gibt es bei National Instruments drei verschiedene Systeme, geordnet nach Preis und Qualität: USRP RIO, PXI FlexRIO oder PXI VST. Hinsichtlich der Programmierung in LabVIEW unterscheiden sich die Systeme nicht. Es wurde das USRP RIO 2952 verwendet, da es den kleinsten Formfaktor und das beste Preis-Leistungsverhältnis aufweist.

 

Bild 1 zeigt das Konzept der ISU. Als Basis wurde das Beispielprogramm „Simple NI-USRP Streaming“ aus der USRP-Treiber-Version 14.0 mit der Host-VI „Full Duplex Streaming (Host)“ und dem FPGA-VI „Streaming Xvcr“ verwendet. Die Signalkette in Empfangsrichtung bleibt unberührt und erhält einen zusätzlichen FIFO-Abgriff für den Transfer zum Sendepfad. Der Algorithmus zur Störsignalunterdrückung liegt in Senderichtung. Es sind verschiedene Algorithmen denkbar. Hier, in der ersten Version der ISU, wird ein adaptiver Frequenzfilter (Frequency Domain Adaptive Filtering, kurz: FDAF), basierend auf einer STFT (Short Time Fourier Transformation), angewendet, da dieser gegenüber anderen Algorithmen im Allgemeinen die besten Eigenschaften aufweist und darüber hinaus einfach auf einem FPGA (z. B. im Vergleich zu Wavelet) umsetzbar ist. Am Hostrechner können Sample-Ausschnitte für die Analyse und Festlegung der Parameter verwendet werden. Dafür ist keine Echtzeitberechnung erforderlich. Detaillierte Informationen über die ISU- und die Front-End-Implementierung mit USRP RIO können der Arbeit entnommen werden.

 

Externe Beschaltung und Einstellparameter

Die ISU wird mit der externen Antenne Trimble Zephyr 2 betrieben, welche eine Verstärkung von 50 dB und eine sehr gute Störfestigkeit mitbringt. Das USRP braucht eine Eingangsverstärkung von circa 40 dB, mit einer internen Verstärkung des USRP von 0 dB (bzw. Referenzlevel von 16,6 dBm). Die Zentralfrequenz liegt bei 1575,42 MHz für GPS C/A und Galileo OS. Es wird eine minimale Bandbreite von 2 MHz für den GPS C/A und 4 MHz für Galileo OS wie auch das modernisierte GPS L1C erwartet. Zur idealen Signalerfassung von Galileo OS gibt das Galileo SIS ICD eine Bandbreite von 24,552 MHz an. In unseren Tests verwenden wir eine Bandbreite von 10 MHz, jedoch kann das FPGA eine Bandbreite von mindestens 60 MHz mit der aktuellen Implementierung im Kintex 7 erreichen. Der Signalpegel für den Transmitter ist auf 0 dB gesetzt und wird extern mit einem 20-dB-Dämpfglied versehen, um das Ausgangssignal an die für GNSS-Empfänger typischen Leistungswerte anzugleichen.

 

 

Algorithmus zur Störsignalunterdrückung

Wie bereits erwähnt, wurde in der ersten Version der ISU vorerst nur ein adaptiver Frequenzfilter mithilfe einer STFT umgesetzt. Vor vielen Jahren wurde diese Variante bereits in einem VLSI IC angewendet, welche eine 12-bit-I/Q-Sample-Auflösung und eine interne Rechengenauigkeit von 20 Bit hatte. Weiterhin zeigte sich in einer Studie mit der ESA in Verbindung mit einem CPU-gestützten Demonstrator, dass neben anderen Methoden, wie FIR/IIR-Filter, Wavelet und Karhunen-Loève, die STFT sehr gute Ergebnisse aufweist und darüber hinaus auch noch in Echtzeit bei für GNSS üblichen hohen Bandbreiten berechnet werden kann.

 

Die STFT entspricht der Skizze in Bild 2. Darin sind vier Funktionen pro Signalpfad enthalten: die Fensterfunktion, die FFT, die Frequenzauslöschung und die inverse FFT. Die FFT konvertiert das Signal in den Frequenzbereich. Als optimale Fenstergröße bei einer Bandbreite von 10 MHz hat sich N = 1024 herausgestellt. Tatsächlich ist die optimale Fensterbreite von der Art des Störsignals abhängig. Darauffolgend wird jede Frequenz, welche einen bestimmten Schwellwert überschreitet, auf Null gesetzt. Die Schwellwertbestimmung erfolgt auf dem Hostrechner. Abschließend wird das Signal durch eine IFFT in den Zeitbereich zurückgeführt. Zur Verbesserung der Unstetigkeit an Blockgrenzen und der Erhöhung der Frequenzselektion von Störsignalen verwendet man eine Fensterfunktion. Als besonders effektiv hat sich die Fensterfunktion „Hann“ herausgestellt. Diese Funktion bringt jedoch eine Reduzierung des Signalrauschverhältnisses von bis zu 3 dB mit sich. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, wiederholt man die Berechnungen mit einer Zeitverschiebung von einer halben Fenstergröße und addiert letztendlich beide Signalpfade zusammen. Darüber hinaus verdoppelt sich zusätzlich die Zeitauflösung.

 

 

Testergebnisse

Für die Tests wurden zwei Szenarios verwendet: a) ein 2-MHz-FM-Signal mit einem 2-MHz-Offset zur L1/E1-Zentralfrequenz und b) ein Jammer mit einer Bandbreite von 12,18 MHz inmitten der L1/E1-Zentralfrequenz.

 

Die Ergebnisse der Störsignalunterdrückung sind in Bild 3 abgebildet. Beim ersten Szenario (Bild 3, links) führt sowohl für GPS und Galileo die Unterdrückung bis zu einer normalisierten Leistung der Interferenz von 55 dB zu einem stabilen „Tracking“. Ab diesem Zeitpunkt befindet sich das USRP in einem nichtlinearen Bereich aufgrund von zu hoher Leistung der Interferenz. Normalisierte Leistung bedeutet, dass bei 0 dB die Interferenz gerade anfängt, das C/N0 von GNSS zu beeinflussen. Der maximale Gewinn durch die ISU liegt bei 36 dB für GPS C/A und bei 34 dB für Galileo OS. Der zusätzliche Verlust bei Galileo OS ist dadurch begründet, dass bei diesem Szenario ein Großteil der rechten Hauptkeule von der Interferenz überdeckt wird. Beim zweiten Szenario (Bild 3, rechts) sieht man, dass ein Unterdrückungerfolg erst ab einer normalisierten Jammerleistung von 15 dB eintritt. Der maximale Gewinn durch die ISU liegt hier bei circa 12 dB für GPS und Galileo.

 

Zusammenfassung

Diese Arbeit zeigt ein Konzept einer Störsignalunterdrückungseinheit für GNSS mit USRP RIO und demonstrierte seine Funktionsweise für GPS und Galileo im L1/E1-Band. Zukünftig wird eine Erweitung für Zweifrequenzempfänger mit dem L1/E5-Band angestrebt. Weiterhin bekommt die ISU auch zusätzliche DSP-Algorithmen und eine STFT mit flexiblen Fenstergrößen. Eine automatisierte Auswahl und Parametrisierung des optimalen DSPs unter verschiedenen Störsituationen soll das ganze System noch abrunden.

 

Author Information:

M. Sc. (univ.), Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kraus
Universität der Bundeswehr München, Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung
Werner-Heisenberg-Weg 39
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thomas.kraus@unibw.de

Bild 1: Konzept der GNSS ISU mit USRP RIO
Bild 2: Adaptiver Filter mit STFT
Bild 3: Störsignalunterdrückung mit einem 2-MHz-FM-Signal (links) und einem Jammer (rechts)